Netzwerk21-Kongress 2017

Schwarmintelligenz at its best

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Quelle: pixabay

Bereits zum 11. Mal luden die Grüne Liga (Netzwerk Ökologischer Bewegungen) und CivixX – Werkstatt für Zivilgesellschaft zum deutschlandweiten Fortbildungs- und Netzwerkkongress für lokales Nachhaltigkeitsengagement und zur Verleihung der Deutschen Lokalen Nachhaltigkeitspreise ZeitzeicheN ein, diesmal nach Göttingen (Kongress-Infos und Preisträger*innen hier).

Insbesondere spannend:

  • der Podiums-Disput („Neuausrichtung statt effizienterem Weiter so?“) zwischen der neuen Generalsekretärin des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU), Dr. Maja Göpel, und Prof. Dr. Mario Schmidt, Hochschule Pforzheim/Leuphana Universität, sowie
  • die Workshops, die ihre Themen mit der Schwarmintelligenz bearbeiteten.

„Auf einem Dampfer, der in die falsche Richtung fährt, kann man nicht sehr weit in die richtige Richtung gehen“ – hat uns der kluge Michael Ende hinterlassen. Sein Zitat muss in der Zwischenzeit immer nachdrücklicher ergänzt werden durch „…, auch wenn man dabei noch so effizient ist.“

Der menschliche Wunsch ist sehr alt, die Natur mit ihren komplexen Zusammenhängen eines Tages nicht nur vollständig verstehen, sondern auch beherrschen zu können. Ursprünglich aus der Angst geboren, unerklärlichen Naturphänomenen hilflos ausgeliefert zu sein, genügte es dieser Spezies irgendwann nicht mehr, die Phänomene zu beobachten und zu versuchen, in einer Ahnung von der Ganzheitlichkeit des Universums mit entsprechend komplexen religiösen Ritualen immer wieder ein (neues) Gleichgewicht zwischen dem Menschen und seiner Mitwelt herzustellen.

Dabei sind über die Jahrhunderte allerdings – parallel zum zunehmend differenzierteren Analysieren ähnlich dem Verhalten von Kindern, die in einem bestimmten Alter voller Neugier das Spielzeug in immer kleinere Teile zerlegen – die übergeordneten Zusammenhänge in den Hintergrund getreten und vor lauter propagiertem Fortschritt fast aus dem gesamtgesellschaftlichen Blickfeld geraten.

Im Namen der Wissenschaft wurden Theorien und Erfindungen – technische und andere – immer ausgefeilter. Wenn diese jedoch nicht zum erwünschten Ergebnis führten oder ihre Wirkungskraft an Grenzen stieß, wurden nicht etwa die Theorien und Erfindungen in Frage gestellt, sondern nur ihre Umsetzungsmethoden effektiver und/oder effizienter.

Bisher geschahen diese Prozesse auch mit ständig steigender Geschwindigkeit – ohne dass Zeit eingeräumt wurde für eine angemessene Reflexion. Und für angemessene Rituale, rund um

  • den Abschied von alten, erstarrten, nicht (mehr) nutzbringenden Lebens- und Verhaltensmustern und
  • den Übergang in neue Resonanzräume (s. hier auch Hartmut Rosa, furios auch sein diesbezüglicher Vortrag bei der Böll-Stiftung).

Dr. Maja Göpel, Mitglied des Club of Rome, hat zum Netzwerk21-Kongress ein engagiertes Plädoyer beigesteuert: für gesellschaftliche Innovation und Zukunftsgerechtigkeit, sprich für den „neuen Mut“ (Motto dieses Kongresses), aus dem Mechanismus der Effizienzsteigerung von Überholtem auszusteigen und den vorliegenden Herausforderungen empathisch und kreativ mit ganzheitlichem Blick zu begegnen.

Dazu würde dann u.a. auch die Wiederbelebung von gesellschaftlichen Ritualen gehören, wie die von ihr genannte Wichtigkeit der Trauerarbeit mit Menschen in Regionen, die tiefgreifenden Veränderungen unterworfen sind (Beispiel hier: das Ende der Braunkohleförderung, die Würdigung ihres für die Volkswirtschaft geleisteten Beitrags und der Abschied von ihr, weil der durch sie verursachte Schaden in der Zwischenzeit größer ist als ihr Nutzen).

Wie Good-practice-Beispiele für die lokal-regionale Umsetzung ihrer Stichworte erschienen in den beiden Kongresstagen dann die vielfältigen Workshops, in denen alle Anwesenden, Moderator*innen wie Teilnehmer*innen, die Expert*innen waren, die ihr Wissen und ihre Erfahrung, im Sinne kollektiver Intelligenz punktuelle Superorganismen bildend, zusammenführten.

Herzlichen Dank den Veranstalter*innen und allen Beteiligten, es war ein großer Genuss, dabei gewesen zu sein!

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